Er sagt von sich, er sei ein einfacher Junge aus der Karibik, der sich für alte Designs begeistert. Anthony Richelot ist Architekt, erfolgreicher Fixed-Gear-Radfahrer und eine echte Inspiration. Mit Frau, Tochter und Hund bereist er in seinem Porsche 911 SC ganz Europa. Er erzählte mir, womit alles begann und wie ein angehender Petrolhead in der Karibik vor dem Durchbruch Youtubes seine wöchentliche Dosis Auto-Content genießen konnte.
Hi Richard, vielen Dank für die Einladung! Ich wurde im Pariser Vorort Saint Cloud geboren und verbrachte meine gesamte Jugend im karibischen Archipel Guadeloupe. Das ist eine französische Inselgruppe der Kleinen Antillen in der östlichen Karibik. Später ging ich nach Paris, um dort Architektur zu studieren. Heute lebe ich in der Nähe von Genf in der Schweiz und fahre einen Porsche 911 SC mit 3,2 Liter Carrera-Motor. Außerdem bin ich begeisterter Fahrradfahrer, vor allem mit sogenannten Fixies.
Meine Eltern trennten sich als ich zwei Jahre alt war und mein Vater ging nach Paris. Als kleiner Junge auf Guadeloupe habe ich viel Zeit in der Natur mit meinen Freunden verbracht. In Guadeloupe gab es damals wenige Autos, schon gar keine Sportwagen. Doch in den Ferien konnte ich ab und zu meinen Vater in Paris besuchen. Dort hat sich auch meine Beziehung zu Autos entwickelt.
Paris hatte eine große automobile Vielfalt. Und mein Vater hatte eigentlich jedes Mal, wenn ich ihn besuchte, ein anderes Auto. Und sie waren immer grau oder schwarz. Sein schwarzer Renault 5 war meine erste Liebe, gefolgt von einem Rover, dem ersten Megane RS und später einem BMW. Doch so richtig brachte mein Cousin aus Paris den Stein ins Rollen. Bei jedem meiner Besuche in Frankreich haben wir Computerspiele wie Gran Turismo oder Need for Speed gespielt.
Meine Mutter hielt von Computerspielen nicht so viel und wir konnten es uns auch nicht leisten. Deshalb verlagerte sich mein Interesse zunächst auf Skateboards. Als Skater war ich ich in unserem Dorf aber ganz allein. Die Leute hielten mich für verrückt! Ohne Community war es kaum möglich, Tricks zu lernen. Denn niemand konnte dir Dinge erklären oder zeigen.
Wie gesagt, Sportwagen waren in Guadeloupe eine Seltenheit. Einen Porsche habe ich dort nie gesehen. Aber für mich gab es ein Ritual am Sonntagabend. Auf einem der drei frei empfangbaren Fernsehsender lief die französische Autosendung „Turbo“. Das war meine einzige Möglichkeit, etwas über Ferrari, Porsche und co zu erfahren. Jeden Sonntag saß ich auf dem Sofa und genoss die Show. Dadurch entstand meine Liebe zum Automobil. Ich träumte seitdem davon, irgendwann mal einen Porsche zu haben.
Zunächst bin ich nach der Schule nach Paris gezogen, um dort Architektur zu studieren. Das war 2013. Die Verbindung zwischen Architektur und Ästhetik, die ich in Paris kennenlernen durfte, hat mich total fasziniert. Mein Faible für schöne, alte Dinge mit Geschichte hat sich dort so richtig ausgebildet. Als junger Mensch hast du für gewöhnlich wenig Geld. Doch während meines Studiums realisierte ich, dass du nicht viel Geld brauchst, um schöne Dinge zu haben. Ich kaufte den Großteil meiner Möbel gebraucht. Ich nahm auch Dinge mit, die andere Leute auf den Sperrmüll warfen. Das sparte Geld und mir gefiel es viel mehr als einfach neue Sachen zu kaufen.
Anfangs war ich in Paris viel mit meinem Mountainbike unterwegs. Doch ich merkte schnell, dass Mountainbikes hier nicht wirklich hineinpassten. Mit einem Freund sprach ich dann über sogenannte Fixed-Gear-Fahrräder, oder auch Fixies. Diese Fahrräder haben nur einen Gang und keinen Freilauf. Anfangs gefiel mir das Konzept überhaupt nicht. Doch ich beschäftigte mich mehr damit und kaufte mir mein eigenes Fixie. Eines Tages sah ich nach den Vorlesungen eine Gruppe von 20 bis 25 Leuten mit Fahrrädern. Ich schloss mich an und war total begeistert von der Geschwindigkeit.
Kurz danach habe ich in Berlin an einem Fixie-Rennen teilgenommen und direkt ein gutes Resultat eingefahren. Daraufhin kontaktierte mich ein Sponsor und seitdem bin ich Teil eines Fixie-Teams. Wir nehmen seitdem an den meisten großen Wettkämpfen in Europa teil. Dabei stellte ich fest, dass viele Radrennfahrer auch alte und klassische Autos mögen. Meine Freunde aus der Fahrradszene sprechen mich oft auf das Thema Porsche an und meine Freunde aus der Autoszene auf die Fahrräder. So schloss sich der Kreis gewissermaßen.
Der Charme klassischer Designs und Filme übte ungeheuren Reiz auf mich aus. Mich fasziniert der Kleidungsstil, die Frisuren… Auch die Innenarchitektur und die Möbel der Zeit gefallen mir sehr. Das gilt genauso für Autos. Die Linienführung klassischer Alfa Romeo, Porsche und Ferrari ist einfach schön. Deshalb war für mich klar, dass mein erstes Auto ein Klassiker werden sollte.
Zuerst wollte ich einen VW Käfer kaufen, aber die waren einfach viel zu teuer!
Anthony Richelot
Zuerst wollte ich einen VW Käfer kaufen, aber die waren einfach viel zu teuer! Also schaute ich, was für Porsches es für unter 20.000 Euro gibt. Da fielen mir natürlich Transaxle-Porsches ins Auge. Zunächst war ich total gehyped vom Porsche 928. Das Design gefiel mir sofort. Auf Instagram kontaktierte ich dann jemanden, der eine Weltreise in einem Porsche 928 gemacht hatte. Durch seine Erfahrungen bekam ich allerdings ein bisschen Angst vor den Unterhaltskosten.
Ich beschäftigte mich danach mit dem Porsche 944. Davon hatte ich vorher noch nie gehört, geschweige denn einen gesehen. Als ich den ersten Porsche 944 S sah, war ich sofort hin und weg. Er sah großartig aus mit seinen Klappscheinwerfern und als S hatte er auch die entsprechende Motorleistung. Genau so ein Auto wollte ich! Deshalb war mein erstes Auto ein schwarzer Porsche 944 S.
Anfangs war es großartig. Der Wagen war interessant, kraftvoll und rückblickend er sogar ein gutes Familienauto mit den beiden Rücksitzen und dem großen Kofferraum. Ich konnte auch ohne Probleme mein Fahrrad auf das Dach packen. Aber das Auto war sehr teuer im Unterhalt. Der Porsche 944 S hat viele spezifische Teile. Und wegen der geringen Stückzahlen (es ab nicht mal 13.000) sind diese entsprechend teuer.
Doch ich wollte alles ordentlich machen, nicht nur günstig. Deshalb habe ich nach dem Kauf sicher nochmal 8.000 Euro für Wartung und Instandsetzung ausgegeben. Das Problem ist allerdings, dass die Autos selbst einen relativ geringen Wert haben. Daher war es vielleicht nicht die beste Idee, so viel Geld darin zu investieren. Aber fahrerisch war der Porsche 944 S fantastisch!
2022 zog ich mit meiner Frau und unserer Tochter in die Schweiz. Ein Auto aus dem Ausland in die Schweiz einzuführen ist allerdings nicht ganz leicht und auch kostspielig. Daher musste der 944 vorher noch verkauft werden. Ich ließ ihn über einen Händler zum Verkauf anbieten. Mein Traum war ohnehin immer ein Porsche 911. Am liebsten ein frühes G-Modell, also ein 911 SC ohne Nebelscheinwerfer. Idealerweise mit einem 3.2 Liter Motor aus dem späteren Carrera.
Mir wurde dann im Herbst 2022 ein sehr schöner 911 Carrera 3.2 in der PTS Farbe Meteorgrau angeboten. Dafür hatte ich schon eine Anzahlung geleistet, aber ich musste erst den 944 verkaufen. Gleichzeitig wollte der Eigentümer den Wagen aber schnell verkaufen, deshalb kam kein Deal zustande. Der Werkstattchef wusste allerdings aus unseren Gesprächen, dass ich am liebsten einen SC mit 3.2 Liter Motor wollte.
Einige Zeit später rief dieser Werkstattchef an und sagte, er hätte DAS Auto für mich. Er schickte mir ein Video von einem blauen Porsche 911 SC. Innen und außen sah er fantastisch aus. Doch das Beste daran: Er hatte 2009 einen Motorschaden und erhielt einen Carrera 3.2 Motor! Das war der perfekte Zufall! Zwar war er nicht grau oder schwarz, aber das helle blau stand dem Auto fantastisch. Dieser Elfer hat uns gefunden. Wir verkauften unseren VW T3 und kauften den 911 SC im Juli 2023.
Mein Porsche ist kein Sammlerauto, aber das muss er auch gar nicht sein. Ich wollte ihn von Anfang an fahren. Mich interessiert nicht, wie viel das Auto wert ist. Ein Porsche 911 war lange ein Traum für mich. Und jetzt kann ich ihn ausleben. Im ersten Monat bin ich 5.000 Kilometer mit dem Elfer gefahren! Diese Autos verdienen es, dass man sie fährt.
Im ersten Monat bin ich 5.000 Kilometer mit dem Elfer gefahren! Diese Autos verdienen es, dass man sie fährt.
Anthony Richelot
Ein Auto ist nicht dafür gebaut worden, in der Garage zu stehen. Stattdessen versuche ich, Erinnerungen damit zu kreieren. Wir fahren mit dem SC in die Berge, mit den Fahrrädern auf dem Dach oder auch mit Dachzelt zum Camping. Unsere Tochter und unser Hund sind oft mit dabei, sodass wir als ganze Familie im 911 unterwegs sind.
Eine Reise war wirklich unglaublich. Ferdi Porsche kontaktierte mich und lud mich zum Giro di Mankei ein! Er hat sich sehr gefreut, dass wir so die Fahrrad- und die Auto-Community etwas näher zusammenbringen konnten. Es sollte zwischen Rad- und Autofahrern keinerlei Barrieren geben. Wir alle nutzen das gleiche Stück Asphalt und genießen den selben Ausblick.
Ein großer Sehnsuchtsort für mich ist Griechenland. Dort möchte ich unbedingt mal mit dem Auto hin. Aber ich würde auch gern in die japanische Autokultur eintauchen. Auch die Straßen dort scheinen vielversprechend. Deshalb ist Tokio ganz weit oben auf meiner Liste.
Ja, ich bin in der Beziehung komplett porscheverrückt. Zum Beispiel einen Porsche 912 fänd‘ ich super! Viele Leuten finden wenig daran, aber diese Autos sind sehr besonders. Natürlich hat der 912 weniger Leistung als der 911, aber Spaß macht er trotzdem! Mit meiner Freundin ist es ein „Kampf“ zwischen 964 und 993. Sie liebt den Porsche 993, mir gefällt er nur von hinten und der Seite richtig gut. Ansonsten würde ich wirklich gern einen Safari-Porsche fahren.
Wenn wir nur nach Ästhetik gehen, finde ich den Porsche 996 am schönsten, besonders als Carrera 4S. Die späteren wassergekühlten Elfer gefallen mir nicht so sehr. Die Generationen 997 und 991 finde ich ein bisschen langweilig. Allerdings ist der 991 auch der letzte richtige Oldschool-911. Mit dem Porsche 992 wurde dann sehr viel anders. Für mich allerdings positiv. Der 992 ist mein Favorit unter den aktuellen Porsche-Modellen.
Ganz meinerseits, bis bald!
© Anthony Richelot (@nthnyrchlt)
Über den Autor
Richard Lindhorst ist Elferspots Chefredakteur und lebt in Norddeutschland. Sein Leben dreht sich nahezu 24/7 um Autos und Motorräder. Du hast einen Tipp für eine Story oder möchtest einfach mit ihm in Kontakt kommen? Du findest ihn auf Instagram unter @rchrdlndhrst.
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