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„Mein Herz läuft auf sechs Zylindern“ – Nikita Karagozov

08.05.2024 Von Richard Lindhorst
„Mein Herz läuft auf sechs Zylindern“ – Nikita Karagozov

Für viele Enthusiasten ist ein Porsche nicht nur ein Auto, sondern ein fahrendes Kunstwerk. Sportwagen aus Zuffenhausen faszinieren mit ihrem Design aus jedem Blickwinkel. Einige von uns können uns an den Skulpturen einfach nicht satt sehen und wollen sie auch in unseren vier Wänden regelmäßig vor Augen haben. So auch der Düsseldorfer Künstler Nikita Karagozov. Unter seinem Label sechszylinder bietet er individuelle exklusive Porsche Kunst. Nach seiner Ausstellung sechszylinder – the exhibition vol. 2 in Düsseldorf nahm Nikita sich Zeit für einen Porsche Talk. Er sprach dabei über seine prägende Lehrzeit, was heute seinen Stil prägt, aber auch über persönliche Ängst und Unsicherheiten.

Herzlich willkommen, lieber Nikita Karagozov! Was sollten unsere Leser über dich wissen?

Danke für die Einladung! Ich wurde 1989 im ukrainischen Odessa geboren. Mit meinen Eltern verließ ich das Land 1999 und zog nach Deutschland. Heute lebe ich mit meiner Frau und unserer dreijährigen Tochter in Düsseldorf. Hier habe ich 2020 meinen großen Traum verwirklicht und mit dem Label sechszylinder angefangen, auch beruflich meiner Passion nachzugehen – den Autos! Mich selbst würde ich als sehr kreative, ideenreiche Person beschreiben.

Warum seid ihr damals nach Deutschland ausgewandert? Und wie hat der kleine Nikita Gefallen an Autos gefunden?

Politisch und wirtschaftlich waren es sehr unruhige Zeiten in der Ukraine und deshalb wanderten meine Eltern aus. Ich stellte mir oft die Frage, wie man als Erwachsener einen Neuanfang ohne Sprachkenntnisse wagen kann. Jetzt wo ich selbst Vater bin, verstehe ich den Antrieb, hohe Opfer für eine bessere Zukunft des Kindes zu bringen.

Aber schon in der Ukraine drehte sich für mich alles um Autos. Bevor ich sinnvoll Worte zusammengebracht habe, konnte ich Automarken auseinanderhalten. Mein Vater war Mechaniker, stellte aber auch selbst Tuningteile wie Schürzen oder Schweller her. Er nahm mich überall hin mit. Ich war wie besessen von Autos. Dabei gab es damals nur Ladas! 

Als kleiner Junge dachte ich, Autos würden altern wie wir Menschen.

Nikita Karagozov

Mein späterer Stiefvater hatte dann einen BMW E34 525i. Davon gab es vielleicht drei Stück in der Stadt. Ich kann mich noch genau an den Klang des M50-Sechszylinder-Motors erinnern. Der Sound dieses perfekt ausbalancierten Motors war der Klang meiner Kindheit. Damit bin ich aufgewachsen. Ich resonierte mit den Schwingungen des Motors, habe es einfach genossen. Von dem Wagen hatte ich ein Modellauto und das war mein Liebling über viele Jahre. Du kannst dir also die Freude vorstellen, als ich mir den ersten Sechszylinder leisten konnte. Ein BMW E36 323i Coupe mit genau diesem Motorklang.

Sechszylinder-Motoren sind nach wie vor deine Leidenschaft. Doch heute steht mit Porsche eine andere Marke im Mittelpunkt. Wieso?

Das fing mit Mitte 20 an. Ich vergleiche Porsche gern mit einem guten Whisky. Man braucht Zeit und Reife, um es zu verstehen. Junge Erwachsene waren damals fixiert auf Ferrari oder Lamborghini. Doch ich fand Porsche viel cooler, wegen des Understatements. Natürlich ist BMW auch ein schönes Einstiegsauto, um Spaß am Fahren zu „lernen“.

Mein Herz läuft auf sechs Zylindern!

Nikita Karagozov

Doch je älter ich wurde, desto höher wurde auch mein Anspruch an das Design. Ich entwickelte einen anderen Anspruch an Ästhetik. Und Porsches Designtreue, auch über den 911 hinaus, fasziniert mich. Außerdem schafft es kein anderer Hersteller, Ästhetik und funktionale Vielseitigkeit so zu kombinieren, wie Porsche. Ob nun Alltagsqualitäten oder Rennstreckentauglichkeit – der Elfer kann einfach alles.

Wie verlief dein Weg in Richtung Kunst und Design?

Schon als kleiner Junge habe ich ohne Ende Skizzen gemacht. Das ging auch weiter in der Schulzeit. Ich habe alle Bücher in Mathe, Physik und Englisch mit Autosilhouetten vollgemalt. Es gab natürlich immer riesigen Stress mit den Lehrern. Schließlich waren die Bücher Eigentum der Schule. Meine Mutter musste die Bücher dann bezahlen. Sie fragte mich, ob es mir gefällt, zu zeichnen. Ich habe ja gesagt und seitdem hat sie mich immer gefördert. Übrigens hatte ich trotzdem immer eine 1 in Mathe. (lacht)

© Finn Nawin & Jakob Otto

Nach dem Abitur studierte ich ein Jahr lang Kommunikationsdesign. Ich stellte schnell fest, dass der akademische Ansatz mir nicht liegt. Mit den Dozenten hatte ich immer wieder Diskrepanzen und entschied mich, dass der klassische Weg in der Werbebranche für mich nicht funktionieren wird. Stattdessen fing ich eine Ausbildung als Mediengestalter an, um die handwerklichen Basics zu lernen. Da hatte ich einen großartigen Ausbilder und konnte die Ausbildung auch verkürzen.

Du musst die Regeln erst lernen, bevor du sie brichst!

Dieser Satz seines Ausbilders prägte Nikita Karagozovs berufliche Entwicklung

Irgendwann fragte er mich mal wieder, was ich gemacht habe, als er einen Entwurf für eine Anzeige sah. Ich sagte, dass ich ein bisschen herumgespielt habe. Seine Antwort war knapp, aber sehr prägend: „Du hast Talent und das ist gut, aber wir müssen an dir arbeiten. Du musst die Regeln erst lernen, bevor du sie brichst!“

Wie war deine Lehrzeit? Und inwiefern hat sie dich geprägt?

Mein Chef war sehr anspruchsvoll. Wir hatten teilweise bis zu 30 Korrekturschleifen für eine Anzeige. Die genaue Positionierung von Bild und Text war oft ein Thema. Schließlich gibt es zum Beispiel einen Unterschied zwischen geometrischer und optischer Mitte. Nur weil etwas messbar mittig liegt, heißt es längst nicht, dass wir es als mittig empfinden. Ihm war sehr wichtig, dass ich den Prozess sehe, verstehe wie sich alles entwickelt. Irgendwann hatte ich es dann intus.

So habe ich gelernt, simple Skizzen zu machen, die das Wesentliche beschreiben. Ich kann einfach visualisieren, was andere kompliziert finden. Nach der Ausbildung gründete ich eine eigene Werbeagentur. Diese gewisse Leichtigkeit der Linien war und ist dabei ein Markenzeichen meiner Arbeiten.

Womit kreierst du deine Drucke und Designs?

Es fängt mit den Fotos vom Auto an. Entweder lässt der Kunde mir diese zukommen oder wir organisieren selbst ein Shooting. Die erste Skizze mache ich immer analog auf Papier. Davon ausgehend bespreche ich mit den Kunden die Machbarkeit. Dabei geht es zum Beispiel auch darum, dass ich weiß, wo das Bild später hängen soll. Denn ich versuche auch, es an die Architektur des Raumes anzupassen. Daher lasse ich mir Fotos zum Raum schicken, um abzuschätzen, wie das Bild dort wirkt. Denn es soll am Ende nicht zu viel vom Raum einnehmen, sondern ihn aufwerten. 

Die Arbeit  mache ich nach der Abstimmung digital am iPad Pro. Der Apple Pen ist dabei mein wichtigstes Werkzeug. Ich kann verschiedene Acryl Pinsel raussuchen, habe unlimitierten Zugriff auf Farben. Zum Kontrast habe ich dann die sehr genauen Vector Pinsel, die es mir ermöglichen, die feinen Linien zu ziehen. Hinzu kommen die Fähigkeiten, die ich als Mediengestalter gelernt habe, um die schönen Kurven vom Auto hervorzuheben. Obwohl ich auf einem Bildschirm male, muss ich pro Jahr vier Aufsätze vom Apple Pen wechseln. Ähnlich wie die Hinterreifen, wenn man gerne mal quer fährt.

Obwohl ich auf einem Bildschirm male, muss ich pro Jahr vier Aufsätze vom Apple Pen wechseln. Ähnlich wie die Hinterreifen, wenn man gerne mal quer fährt.

Nikita Karagozov

Das Niveau, welches ich mit digitaler Kunst nun erreicht habe, wäre auf einer klassischen Leinwand nicht mehr möglich. Das tolle an der digitalen Kunst ist es, dass wir das Bild sowohl auf einer Fineart Leinwand als auch hinter Acrylglas drucken können. Oder auch auf einem Hoodie. So kann der Kunde noch einen Abzug in Acryl bis zu 2m Breite ohne Qualitätsverlust für die Garage bestellen.

Wie würdest du deinen künstlerischen Stil heute beschreiben?

Für mich ist es relativ schwer, meinen eigenen Stil zu beschreiben. Lass es mich so umschreiben: Seit ich mich mit Kunst beschäftige, habe ich meinen Stil so verändert, dass mehr das Ästhetische im Vordergrund steht, aber die Leichtigkeit mit den feinen Linien betont wird. Ich versuche, in meinen Arbeiten Dynamik, Ästhetik und Leichtigkeit miteinander zu kombinieren. Und ich glaube, wenn ich keine Signatur an meinen Bildern hätte, würden einige Leute trotzdem erkennen, dass es von mir ist. In meinen Augen ist das auch die größte Form der Wertschätzung.

© Finn Nawin & Jakob Otto

Wodurch hast du den Mut gefasst, aus der Werbebranche auszubrechen und dich ganz der Kunst zu widmen?

Mit meiner Werbeagentur war ich wirtschaftlich zwar erfolgreich, aber es hat das persönliche Glück gefehlt. Also wurde mir klar, dass ich etwas Neues einschlagen wollte, am liebsten etwas mit Autos. Und die Fähigkeiten die ich in der Werbebranche gelernt habe, könnte ich dann für mich selbst nutzen.

Mein Ziel, mit 30 Millionär zu werden, hatte ich erfolgreich vermasselt. Also setzte ich mir ein neues: Rente mit 35.

Nikita Karagozov

Es war immer mein größter Wunsch ortsunabhängig zu sein. Ich bin ein Mensch, der die Freiheit liebt. Ich möchte an nichts gebunden sein, immer die Option haben, woanders zu sein. Das fängt sogar im Kleinen an. Ich bin, wenn es hoch kommt, vielleicht 30 Minuten kontinuierlich an meinem Schreibtisch. Ich wandere ständig umher. Zwar ist es mir durchaus wichtig, eine Basis als Büro zu haben, aber ich möchte nicht andauernd dort sein.

Mein Ziel, mit 30 Millionär zu werden, hatte ich erfolgreich vermasselt. Also setzte ich mir ein neues: Rente mit 35. Daher schloss ich meine Werbeagentur, stürzte mich in die Arbeit und gründete die Lifestyle Marke sechszylinder. Ich kann mit Stolz sagen, dass ich es geschafft habe. Aber dafür muss man erst das eigene Verständnis von Rente definieren. Denn Rente bedeutet für mich, dass ich nur noch tue, was mir Spaß macht und Unabhängigkeit gibt. Und das habe ich durch die Kunst erreicht.

Welche Rückschläge musstest du dabei verkraften? Gibt es etwas, dass du dem jungen Nikita Karagozov mit auf den Weg geben würdest?

Ich finde unsere Gesellschaft ist zu sehr fixiert auf Fehler und Rückschläge. Hinter jeder erfolgreichen Story stecken Fehler und Rückschläge. Beides gehört dazu und man muss diese genau so als Prozess genießen können. Die Reue etwas nicht versucht zu haben, ist am Ende viel größer. Wenn man hoch fliegt, fällt man auch stärker, aber es verheilt. Die Biografie von Phil Knight hat mich immer ermutigt dran zu bleiben.

Hör auf niemand anderes und zieh dein eigenes Ding durch. Mach deine Erfahrungen und es wird sich immer lohnen ‚dran zu bleiben.

Nikita Karagozov

Dem jungen Nikita Karagozov würde ich sagen: „Hör auf niemand anderes und zieh dein eigenes Ding durch. Mach deine Erfahrungen und es wird sich immer lohnen ‚dran zu bleiben.“ Ich bereue nichts und würde alles genau so wieder machen. Denn man muss auch Fehler machen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Nur so wächst man.

Rückblickend bin ich sehr happy mit der Entwicklung des Projekts sechszylinder. Es ist schön zu sehen, dass sowohl Artprints als auch Merchandise viele Fans gefunden haben. Natürlich auch dank eines tollen Freundeskreises, der von Anfang an mit dabei war. Wir brauchen Menschen um uns, mit denen wir eine gute Zeit haben, Scherze machen und uns gegenseitig auch in schlechten Zeiten unterstützen.

Wenn es für dich keine echten Rückschläge gibt, warum brauchst du dann ein Umfeld, was dir Mut zuspricht?

Das hat mit der anonymen Medienwelt zu tun. Sie ist nämlich ein Hemmschuh für Mut und Kreativität. Schließlich ist es sehr leicht, negatives Feedback abzugeben. Und emotional überwiegt das bei vielen das positive Feedback. Als Kinder bauen wir Dinge im Sandkasten und halten sie in dem Moment für das Schönste, was es gibt. Diesen Stolz kann uns in dem Moment niemand nehmen.

Jeder von uns kann etwas Tolles erschaffen, doch je älter wir werden, desto mehr kristallisieren sich zwei Hürden heraus. Die erste ist die Angst vorm Anfangen und die zweite ist die Angst davor, etwas zu Ende zu bringen. Denn wir haben Angst vor negativem Feedback. Daher versuche ich, das Ergebnis gar nicht im Output zu sehen, sondern vielmehr die Reise zu genießen.

Gelingt dir das immer?

Noch nicht! Die letzten drei Monate waren richtig krass für mich. In dieser Zeit war alles stressig. Die Ausstellung hat viel Kraft gekostet, um alles fertigzustellen, alles zu organisieren… und doch hat am Ende nicht alles geklappt. Als meine Ideen für das 992 GT3 RS Artcar nicht funktionierten, war ich drauf und dran alles abzusagen. Und zu allem Überfluss fühlte ich mich gesundheitlich immer schlechter, je näher die Ausstellung kam.

Doch jetzt komm‘ ich mit ein paar Tagen Abstand allmählich zur Ruhe. Ich kann auch die Prozesse nebenbei ein wenig genießen. Ich kann wieder genießen, Musik zu hören oder ein Buch zu lesen, kann entspannt mit dem Auto fahren, ohne Fristen im Hinterkopf zu haben. Es zeigt, dass man auch in schlechten Zeiten einfach ‚dranbleiben sollte. Das Ergebnis lohnt sich auf jeden fall!

Zum Schluss gehen wir nochmal zu den Autos. Was ist dein Traumauto und welcher ist für dich der schönste Porsche?

Mein Traumauto ist der Porsche 992 GT3 RS. Das Feedback, das dir dieses Auto gibt, lässt dich mit ihm zu einer Einheit verschmelzen. Das schafft für mich kein Ferrari oder Lamborghini. Ich fühle mich in keinem Auto so wohl wie im GT3 RS. Natürlich ist auch ein großer Respekt zum Auto da. Ich weiß, ich muss mental und körperlich fit sein, um das Auto artgerecht zu bewegen. Es braucht auch viel persönliche Reife dazu.

Das Thema Schönheit ist nicht ganz so leicht zu beantworten. Als Künstler ist man da vermutlich eh etwas sprunghaft. Zumal es eine Frage ist, wie man Schönheit definiert. Denke ich zum Beispiel an einen Porsche 911 Carrera RS 2.7, dann ist der proportional und in seiner Formgebung schöner, eleganter und puristischer als moderne Autos. Doch für mich persönlich ist der schönste Porsche vermutlich der Porsche 997 GT3 RS 4.0. Denn in meiner Definition von Schönheit spielen auch die Performance, die technische Perfektion und ein bulliger Auftritt eine große Rolle. Das vereint der 4.0 wie kein Zweiter.

Vielen Dank für deine aufrichtigen Worte, lieber Nikita!

Nikita Karagozov verwirklicht sich mit sechszylinder art seinen beruflichen Traum. Er bleibt sich dabei treu – offenherzig, aufrichtig, positiv in die Zukunft blickend.

Die Fotos wurden mit freundlicher Genehmigung von Nikita Karagozov zur Verfügung gestellt.

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