Porsche Boxster 986 – Vom Ungeliebten zum begehrten Klassiker
Was auf der Detroit Motor Show 1993 die Porsche-Fans verzückte und ab 1996 zum Kassenschlager wurde, war lange Zeit verschmäht. Als Auto „für diejenigen, die sich keinen 911 leisten konnten“, hatte der Porsche Boxster 986 auf dem Gebrauchtmarkt einen schweren Stand. Doch Zeiten ändern sich. Mittlerweile erlebt die erste Generation des wassergekühlten Zweisitzers aus Zuffenhausen ein echtes Comeback. Während es gute Autos viele Jahre für vierstellige Beträge gab, kostet ein toller Boxster anno 2025 gut und gerne 20.000 Euro oder mehr. Doch warum war der so toll ausbalancierte Roadster überhaupt jemals so günstig? Und warum folgt seit einigen Jahren die stückweise Kehrtwende?
Der erste Porsche Boxster war vom Start weg ein voller Erfolg
Das Rezept klang vielversprechend. Der seit Jahrzehnten charakterbildende Sechszylinder-Boxermotor in einem kleinen, leichten Mittelmotor-Roadster. Die Kombination aus Boxer und Roadster brachte ihm auch den Namen Boxster – ein Ausdruck des schwäbischen Pragmatismus. Was den Porsche Boxster 986 besonders attraktiv machte, war sein Einstiegspreis. 55.000 DM weniger kostete er zur Markteinführung als ein Basis-911. Satte 42 Prozent weniger! Kein Wunder, dass Porsche in den ersten drei Modelljahren 1997, 1998 und 1999 insgesamt 55.705 Boxster verkaufte. Obwohl es mit dem 204 PS starken 2,5 Liter Motor zunächst nur eine Motorisierung gab, bot der Boxster dem 911 in Sachen Absatz damit Paroli.
Die Arbeit am 1993 vorgestellten Boxster Concept nahm Porsche Ende 1991 auf. Das Echo der Präsentation in Detroit war so gut, dass die Studie später sehr ähnlich in Serie ging. © Porsche AG
Die schnell als Spiegelei-Scheinwerfer bezeichneten Leuchten waren nicht jedermanns Sache, doch der kommerzielle Erfolg gab dem Styling-Team um Harm Lagaay Recht. Obwohl dem Boxster – wie einst dem 924 und 944 – das aus heutiger Sicht umso weniger verständliche Stigma des Frauen-Porsches anhaftete, war er ein großer Wurf. Besonders die Fahrdynamik mit toller Balance dank Mittelmotorkonzept und der atemberaubende Klang bei offenem Dach machten ihn begehrenswert.
Nach der überwältigenden Publikumsreaktion auf die Studie des Boxster bei der Präsentation in Detroit im Januar 1993 waren wir endgültig sicher, dass wir gemeinsam die richtige Entscheidung getroffen hatten.
Horst Marchart, ehem. Porsche Vorstand für Forschung und Entwicklung
Nach dem erfolgreichen Start des 986 erneuerte Porsche zum Modelljahr 2000 die Motorenpalette. Das Basismodell erhielt 2,7 Liter Hubraum und 220 PS. Hinzu kam außerdem der Boxster S mit 252 PS, dessen Performance nicht mehr weit vom 911 entfernt war. Im Gegensatz zum normalen Boxster kam der S als Handschalter in den Genuss eines sechsten Gangs. 2003 wurde der Basis-Boxster nochmals aufgepeppt und erhielt 228 PS. Außerdem wurde die Karosserie mit neugeformten Seitenteilen und in Wagenfarbe lackierten Grillblenden aufgefrischt.

Vom Hype zum Imageproblem
Doch was sorgte später für das problematische Image in der Porsche-Szene? Nun, die Ursache hat weniger mit dem Boxster selbst als mit dem Porsche 911 zu tun. Denn die Entscheidung, den großen Bruder, den ersten wassergekühlten Elfer vom Typ 996 mit der gleichen Frontpartie an den Markt zu bringen, hatte Folgen. Elfer-Käufern stieß es sauer auf, dass man ihren fast doppelt so teuren Wagen von vorn auf den ersten Blick nur schwer vom darunter positionierten Boxster unterscheiden konnte.




Die rückblickend nicht ganz zu Unrecht verärgerten Elfer-Käufer sehnten sich nach mehr Abgrenzung zum „kleinen“ Porsche. Porsche reagierte und änderte die Scheinwerfer des 911 zum Modelljahr 2002. So wurde der 996 optisch wieder eigenständiger. Der Porsche Boxster 986 behielt die klassische Scheinwerfer-Form bis Produktionsende 2004 bei. Ein Eingeständnis, dass Porsche seiner Kundschaft zu viel Produktionsoptimierung „Kai-Zen“, zu viel Gleichteilepolitik zugemutet hat? Harm Lagaay sagte dazu wohl einst: „Nach 320.000 verkauften Spiegeleiern kann die Kantine nicht so schlecht gewesen sein“. 164.874 davon waren übrigens Boxster…
Nach 320.000 verkauften Spiegeleiern kann die Kantine nicht so schlecht gewesen sein.
Harm Lagaay, ehem. Leiter Porsche Design-Abteilung
Konzernseitig war also alles im Lot. Für Porsche war der 986 ein Befreiungsschlag. Mit ihm gelang es Wendelin Wiedeking Ende der 1990er Jahre, Porsche wieder profitabel zu machen. Das Schicksal des ersten Boxster war allerdings auf dem Gebrauchtmarkt weit weniger glamourös. Nach der Präsentation seines Nachfolgers 987 entwickelte sich der einst so gehypte Roadster gewissermaßen zum hässlichen Entlein. Schließlich war der Neue gefälliger, weniger kontrovers und obendrein auch innen endgültig im 21. Jahrhundert angekommen.
Lange Zeit im Tal der Tränen – Porsche Boxster 986 waren zeitweise günstiger als Transaxle
Was folgte, war ein extremer Wertverfall, der in den 2010er Jahren seinen Höhepunkt fand. Zu Beginn der Dekade kosteten fahrbereite 986 ähnlich wenig Geld wie 944 oder 924 S. Zeitweise ließen sich Porsche Boxster 986 mit hohen Laufleistungen für 5.000 Euro finden! Enthusiasten mieden den Boxster in dieser Zeit. Es galt einfach als „nicht schick“ einen 986 zu fahren. Die Renaissance der Transaxle-Porsches führte sogar dazu, dass die Vierzylinder zwischenzeitlich teurer wurden als der viel modernere Roadster mit Sechszylinder.
Bis etwa 2020 kosteten gut gepflegte Porsche Boxster 986 teilweise weniger als 10.000 Euro. © CarJager
Mindestens bis 2020 kosteten schöne Boxster, zum Teil sogar die späteren Boxster S, regelmäßig unter 10.000 Euro. Warum hätte man auch mehr für einen Boxster zahlen sollen, wenn es im gleichen Zeitraum auch den größeren Bruder 996 ab etwa knapp unter 20.000 Euro gab? Wie viele „günstige“ Porsche vor ihm ereilte den Boxster damit das Schicksal des Ge- und Verbrauchswagens. Oft konnten die neuen Eigentümer teurere Reparaturen nicht stemmen. Und so verringerte sich der Bestand guter Boxster, der Ruf litt. Und das, obwohl beispielsweise die vielzitierten Kolbenkipper beim 986 aufgrund der kleineren Hubräume und somit dickerer Zylinderwände seltener auftraten als beim Elfer.




Steigende Preise bei Transaxle und 996 zogen den Boxster mit nach oben
Was ab 2020 folgte, ist bekannt. Prinzipiell wurde alles am Porsche-Markt teurer. Dadurch, dass Transaxle-Porsches sehr viel mehr Zuspruch erhielten als in den Jahren zuvor und auch der 996 preislich merklich anzog, stiegen auch die Boxster-Preise. Mit Ausnahme des britischen Marktes ist es 2025 kaum noch möglich, einen guten Boxster für unter 12.000 Euro zu bekommen. Spitzenexemplare bewegen sich mittlerweile in Regionen oberhalb von 30.000 Euro. Das bedeutet, dass die besten Porsche 986 mit mittleren fünfstelligen Laufleistungen wieder nahezu an ihren einstigen Neupreis reichen!
Die wachsende Begeisterung und Akzeptanz des 996 machten auch den Porsche Boxster 986 wieder interessanter. Dass gleichzeitig auch die Transaxle-Porsche – früher DIE Einstiegsmodelle der Porsche-Welt schlechthin – zulegten, sorgte auch beim 986 für steigende Preise. Vom einst verschmähten Frauenporsche mauserte sich der 986 besonders in den letzten fünf Jahren zu einer ernstzunehmenden Elfer-Alternative. Besonders als erster Porsche ist er attraktiv. Denn in der Preisklasse gibt es keinen anderen Sechszylinder-Boxer und kein so modernes Auto aus Zuffenhausen.
Einst belächelt, jetzt zurück im Rampenlicht – Der Porsche Boxster 986 zählt wieder zum Establishment
Dass der Porsche Boxster der ersten Generation lange Zeit so günstig war, nutzten Kenner natürlich und sicherten sich einen. Gewissermaßen sind die leichten Mittelmotorroadster eine der letzten Möglichkeiten, ohne Reue Porsche zu fahren. Selbst die Basismotorisierung mit 204 PS macht aus ihm einen klanggewaltigen Freudenspender. Gleichzeitig kostet er verhältnismäßig wenig im Unterhalt. Seine Fahrleistungen übertrumpfen zudem noch aktuelle Spitzenmodelle anderer Roadster. Selbst nach über 25 Jahren ist der 986 noch brandaktuell…
Der Porsche 986 hat den Test der Zeit bestanden. Auch wenn ihm zwischenzeitlich weniger Liebe aus der Enthusiasten-Szene entgegengebracht wurde, als er verdient hätte, ist er 2025 so etwas wie der heimliche Star des Porsche-Markts. Mittlerweile wird er für sein Design und die Simplizität gefeiert, statt für seine Scheinwerferform belächelt. Und das zeigt sich auch in der Angebotslage. Denn obwohl über 160.000 Stück verkauft wurden, sind selten viele davon am Markt.
Auffällige Farben sind beim Porsche Boxster 986 verhältnismäßig selten bestellt worden. Daher sind Modelle mit auffälligen Farben, wie Onur Alpans Boxster in Pastellgelb begehrt und tendenziell teurer. © Doruk Barin
Das kann wohl nur bedeuten, dass die Glücklichen, die bereits einen der ersten Boxster in der Garage haben, ihn nicht mehr hergeben wollen. Aus gutem Grund – denn der Boxster ist agil, verlässlich und sogar preiswert zu unterhalten und versichern. Er verkörpert exakt die Werte, die Porsche für ihn vorgesehen hatte. Der Porsche Boxster 986 eröffnete eine neue, teilweise auch jüngere Käuferschicht und hat großen Anteil daran, dass die Marke auch knapp 30 Jahre nach seiner Markteinführung noch immer eigenverantwortlich bleibt.
Mittlerweile ist der Porsche Boxster 986 endlich wieder dort angekommen, wo er ohnehin schon mal war und wo er hingehört – in den Herzen der Porsche Enthusiasten.
© Titelbild: Porsche AG
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