Vom Poster an der Wand zur Suche im Browser – wie sich der Einstieg in die Porsche-Welt verändert hat
21.11.2025Von Richard Lindhorst
Bei vielen Porsche-Fans gab es im Leben ein Ereignis, das aus einem jungen Menschen einen Autofreak hat werden lassen. Für manchen war es ein Cover-Foto einer Autozeitschrift, wiederum andere haben einen Porsche an der Straße stehen sehen, ihn als Poster an der Kinderzimmerwand gehabt oder in einem Film gesehen. Wir begeben uns mal wieder auf eine Zeitreise und blicken auf einige stereotypische Erlebnisse – Wie unterschiedliche Generationen ihren Zugang zur Porsche-Welt fanden.
In der Generation Radio klang Motorsport nach Mittelwelle
Lange bevor irgendjemand „Zuffenhausen“ in die Google-Suche tippen konnte, war Motorsport vor allem ein Geräusch. Die 24 Stunden von Le Mans liefen in den 1950er Jahren nicht im Fernsehen, sondern im Radio. Jung und Alt saßen vor knisternden Transistorradios und lauschten einer kratzigen Kommentatorenstimme auf einer der alten Mittelwellenfrequenzen.
Bilder wie diese von Porsches Le Mans Garage in Teloché und Dan Gurney im Porsche 804 in Rouen sah in den 50er und 60er Jahren relativ wenig Menschen.
Wenn Namen wie Hans Hermann, Paul Frère oder Huschke von Hanstein fielen, war Stille im Raum – und immer wieder dieses Wort: Porsche. Die frühen Rennhelden pilotierten die ersten Porsche Langstrecken-Renner vom Schlage 356 und 550 Spyder. Ihren Klang hörte man verzerrt und schrill, während die Reporter mit erhobener Stimme gegen das Dröhnen der Motoren ankämpften.
Wer diese Autos mit eigenen Augen auf der Straße sehen konnte, durfte sich glücklich schätzen. Die meisten Fans mussten sich mit kleinen Fragmenten in schwarz/weiß begnügen, oder einem Zitat in den Abendnachrichten. Manchmal war es ein Onkel, der davon berichtet hatte, dass „die Porsches“ wieder mal einen Klassensieg erringen konnten. Die Marke war eher Mythos als greifbares Produkt.
Als die Bilder laufen lernten – Die Generation Fernsehen
Mit der Verbreitung des Fernsehens bekam der Mythos plötzlich ein Bild. In den 1960er und 70er Jahren waren es einzelne Sportübertragungen und Magazinsendungen, die den Namen Porsche in die Wohnzimmer brachten. In der Sportschau oder der ZDF Sportreportage liefen kurze Zusammenschnitte von der Rundstrecke: unscharfe Teleaufnahmen aus Le Mans, ein Porsche 917 im Gulf-Design, später die ersten 935er mit monströsen Spoilern.
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Doch auch abseits des Motorsports bekamen Autos immer mehr Präsenz im Fernsehen. Autotests gewannen mehr und mehr Zuschauer. Seinerzeit waren sehr umfangreiche Fahrzeugtests mit vielen Messwerten ein zentraler Bestandteil der Abendunterhaltung. Sendungen wie der ZDF Autotest oder in den späten 1970er Jahren Top Gear waren die einzigen Möglichkeiten, die neuesten Autos in Aktion zu erleben, sofern man nicht selbst beruflich mit ihnen zu tun hatte.
Die Sendezeiten waren überschaubar, der Motorsport-Anteil noch kleiner. Wer Porsche sehen wollte, musste sich gedulden und das Fernsehprogramm studieren. Wenn dann ein kurzer Filmbeitrag aus Le Mans, der Targa Florio oder der Sportwagen-WM angekündigt wurde, war das Pflichtprogramm. Für viele entstand die Faszination in genau diesen wenigen Minuten: ein kurzer Kommentar, ein Bild vom Siegerpodest, ein 911 mit Startnummer im Parc Fermé. Mehr gab es nicht, aber es reichte, um die Marke im Kopf zu verankern.
Porsches in Autozeitschriften – Träume rochen früher nach Druckerschwärze
Richtig greifbar wurde Porsche für viele mit kommerziellen Autozeitschriften. In den 1970er und 80er Jahren waren Hefte wie auto motor und sport oder Autocar der wichtigste Zugang zur Sportwagenwelt. Viele fieberten dem Veröffentlichungsdatum entgegen, wollten gar die ersten, noch frisch nach Druckerschwärze riechenden Magazine erhalten. Man blätterte Vergleichstests zwischen 911 SC und Ferrari, studierte Tabellen mit Beschleunigungswerten und las Fahrberichte, in denen Testredakteure die Charakterzüge der einzelnen Baureihen beschrieben.
Wer ein solches Heft gekauft hatte, las es nicht einfach durch und legte es weg. Die Hefte wurden verliehen, Tests mehrfach gelesen, technische Zeichnungen mit Lineal nachverfolgt. Man lernte, was „Hecklastigkeit“ bedeutet, warum ein 911 bei Nässe Respekt verlangt und weshalb ein G-Modell auf der Landstraße anders reagiert als eine Limousine. In den Kleinanzeigen suchte man nach gebrauchten 911ern, obwohl das eigene Budget weit davon entfernt lag. Die Zeitschrift wurde zur Brücke zwischen Alltag und Traumwagen – und blieb oft jahrelang im Regal.
Der erste Porsche an der Kinderzimmerwand – Die Generation Poster & Kino
Als die Magazine immer mehr zu Hochglanzdruckerzeugnissen wurden, eroberte der Porsche zeitgleich auch das Kinderzimmer. In den 1980er Jahren waren Poster von 930 Turbo, 944 oder 959 fester Bestandteil vieler Autozeitschriften und in der Folge vieler Jugendzimmer. Tankstellen, Zeitschriftenläden und Tuning-Shops verkauften großformatige Hochglanzdrucke. Besonders die Nutzung von Porsches in Filmen und Serien erwies sich dafür als Kassenschlager. In gefühlt jedem dritten Jugendzimmer der 90er hing ein Porsche 964 Turbo 3.6 aus Bad Boys. Die Porsche 928 in Scarface oder Risky Business wurden zu Kultfiguren.
Diese Motive waren dabei weit mehr als reine Dekoration. Sie definierten für viele Kinder und Jugendliche, wie ein Sportwagen „auszusehen hat“. Die Perspektive, die Farbe, die Felgen – all das prägte das Bild vom perfekten Porsche. Wer morgens aufwachte, sah den gleichen Turbo an der Wand. Wer abends das Licht löschte, tat das mit einem letzten Blick auf Speedline-Felgen. Der Zugang zur Marke war in dieser Phase sehr direkt: Zwischen Fan und Auto stand nur noch ein Blatt Papier.
Porsches Poster und Werbungen der 80er und 90er Jahre zierten unzählige Kinderzimmer.
Dank Computerspielen konnten Kids der 90er und 2000er die ersten Meter im Porsche vom Wohnzimmer aus fahren
Mit dem Siegeszug von Spielkonsole und PC kam ein neuer Zugang zur Porsche-Welt dazu: Videospiele. Zunächst waren lizenzierte Porsches eher selten. Im berühmtesten Spiel der 90er, der Gran Turismo Reihe, waren sogar nur RUF-Modelle fahrbar. Doch spätestens mit dem 2000 erschienenen Need for Speed: Porsche Unleashed waren 911, Transaxle, 356 oder auch Moby Dick endgültig in der Spielewelt angekommen.
Spiele wie Gran Turismo oder Need for Speed: Porsche Unleashed brachten Porsches in die Wohn- und Kinderzimmer der 90er und 2000er.
Zum ersten Mal konnte man schon als Kind ohne Führerschein 911 auf die virtuellen Rennstrecken schicken, Gänge schalten, Bremspunkte suchen. Die Fahrphysik war nicht perfekt, aber der Effekt deutlich: ein Porsche wurde vom weit entfernten Traum zum interaktiven Objekt. Farbe, Felgen und Leistungsstufe ließen sich im Menü ändern, Schaden wurde mit einem Knopfdruck rückgängig gemacht. Viele, die heute reale 911er bewegen, haben ihren ersten Elfer auf einer Konsole erlebt. Mittlerweile gibt es sogar virtuelle Porsche Cups, die Porsche Motorsport selbst sehr genau beobachtet, um Talente zu sichten.
Vom Prospekt zum Browser-Tab – Die Generation Internet & Social Media
Die Vorzüge des virtuellen Zugangs zu Fahrzeugen erkannten schon bald auch die Hersteller. Schon bald entstanden die ersten Konfiguratoren im Internet – Was früher nur im Autohaus möglich war, wanderte in den Browser. Jetzt konnte sich jeder mit einem Computer und Internet sein ganz persönliches Traumauto zusammenstellen.
Was früher nur im Autohaus möglich war, wanderte in den Browser.
Der Weg vom ersten Interesse zur sehr konkreten Vorstellung eines eigenen Autos wurde somit drastisch verkürzt. Man konnte sich nachts durch unzählige verschiedene Farbvarianten des Porsche 911 klicken, Ausstattungskombinationen vergleichen und dem Traum „irgendwann einen Porsche besitzen“ so konkret gestalten, als hätte man ihn schon bestellt.
Mit dem Aufkommen von Social Media brachen dann gewissermaßen alle Dämme. Videos, Bilder und kurze Clips zu quasi allen Porsche-Modellen sind seitdem auf dem Smartphone jederzeit verfügbar. So erreichten auch Modifikationen, Backdates oder Hot Rods quasi über Nacht ein Millionenpublikum und öffneten die Porsche-Welt für jedermann.
Wie werden KI und Virtual Reality die Zukunft verändern?
Was all die unterschiedlichen Wege in den Porsche-Kosmos eint, ist die gleiche Leidenschaft für das Automobil. Egal, ob wir in unserer Jugend im Radio die Rennschlachten von Le Mans verfolgt oder auf der Playstation unsere ersten Runden im Porsche auf der Nordschleife gedreht haben – wir alle sind dem Mythos Porsche verfallen. Wir lieben die gleichen Dinge – emotionale Sportwagen aus Stuttgart-Zuffenhausen.
Vermutlich wird es schon bald möglich sein, mittels KI den eigenen Traum-Porsche zu designen und ihn im Simulator direkt in Virtual Reality anzuschauen und zu fahren. Und dank moderner Fertigungstechniken wie 3D-Druck werden künftig sicher noch viel mehr individuelle Umbauten möglich, sodass jedem Porsche-Fan noch mehr Optionen zur Verfügung stehen, den ganz eigenen Traum Realität werden zu lassen.
Eines ist jedenfalls sicher: Die meisten unter uns Porsche-Freaks werden sich auch Jahrzehnte später noch daran erinnern, wie wir zum ersten Mal mit der Marke in Berührung kamen. Es spielt dabei keine Rolle, ob es durch ein Modellauto, einen Fernsehbericht oder die Fahrt in einem 911 Junior geschehen ist. Es geht nur darum, dass es uns tief im Herzen berührt und für viele Jahrzehnte geprägt hat.