Der Porsche 993 war insgesamt die vierte Generation des 911. Als letzter luftgekühlter Elfer ist der 993 mittlerweile zu einem gesuchten Klassiker geworden. Durch behutsame Evolution über mehr als 30 Jahre gilt er als technisch absolut ausgereift und langlebig. Doch auch beim Kauf eines Porsche 993 Carrera sollte man sich Zeit nehmen und einige Punkte beachten. Eine Hilfestellung dafür soll diese Kaufberatung bieten.
1993 wurde der Porsche 993 Carrera der Weltöffentlichkeit vorgestellt, um den 964 abzulösen. Der Entwurf von Harm Lagaay wies optisch einige Neuerungen auf: So änderte Porsche beim 993 zum ersten Mal nach 30 Jahren 911 das Profil der vorderen Kotflügel. Die Front wurde dadurch flacher und mit neu gestalteten elliptischen Scheinwerfern versehen. Daneben waren die Stoßfänger nun voll integriert. Auch die Zeit der Torpedorohre als Auspuffendrohr war vorbei. Bis heute gilt der Porsche 993 für viele als schönster Elfer aller Zeiten. Die vierte Generation des Porsche 911 war anfangs nur als Coupé und Cabriolet erhältlich. Die Targa-Version folgte erst zum Modelljahr 1996. Insgesamt wurden etwa 27.900 Porsche 993 Carrera Coupés und etwa 17.900 Cabriolets produziert. Vom Targa entstanden knapp unter 4.600 Stück.
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Hinzu kommen noch 6.948 Carrera 4S und 3.714 Carrera S. Diese tragen das breitere Turbokleid und im Falle des 4S auch die Turbo-Bremsanlage. Den Carrera S kann man am besten am ausfahrbaren Heckspoiler erkennen – dessen Lüftungsgitter sind im Gegensatz zum 4S in der Mitte geteilt. Außerdem erhielt der 4S eine etwas üppigere Serienausstattung mit Bordcomputer, Klimaanlage und elektrischen Sitzen. Tendenziell sind die S Versionen, allein schon aufgrund der geringeren Stückzahl, eine Spur teurer als die Basis Carreras. Tragische Randnotiz: Am 27.03.1998, also vier Tage vor Fertigstellung des letzten Porsche 993 und dem Ende der luftgekühlten Elferära verstarb Ferry Porsche.
Ja, Rostvorsorge und Fertigungsgüte genügten seinerzeit höchsten Ansprüchen – doch der Porsche 993 ist mittlerweile auch schon über 20 Jahre alt! Neben dem obligatorischen Check der Spaltmaße und der Keder zwischen den Karosserieteilen empfiehlt sich ein Blick von unten. Beschädigungen an der durchgängigen Unterbodenverkleidung können ein Indiz für Vernachlässigung der Wartung sein. Der Porsche 993 ist zwar vollständig verzinkt, doch ein Blick hinter die Verkleidungen ist Pflicht. Schlecht reparierte Unfallschäden lassen sich bei einem Blick unter die Kofferraumteppiche schnell entlarven.
Wie der Porsche 964 hat auch der 993 eine Schwachstelle an den Scheibenrahmen. Durch Einbaufehler beim Scheibentausch kann es hier zu Rostnestern kommen. Sofern dort Pickel zu sehen sind, wird es unweigerlich sehr teuer. Deshalb empfehlen wir, die Dichtung an den Ecken etwas anzuheben und genauer nachzusehen. Die Türfangbänder des 993 sind unterdimensioniert und versagen im Alter. Das kündigt sich durch ein Knacken beim Öffnen der Tür an. Bei den Cabrios gab es einen Rückruf wegen Defekten an der Dachverriegelung und darüber hinaus häufig Defekte am Antrieb des elektrischen Verdecksystems. Altersschwache Haubenlifter gehören zur Tagesordnung, sind allerdings auch schnell und günstig zu wechseln.
Grundsätzlich haben alle Porsche 993 Carreras 3.600 cm³ Hubraum. Bohrung und Hub sind identisch zum Motor im 964. Es wird zwischen zwei Varianten unterschieden – mit und ohne variable Ansaugsteuerung VarioRam. Bis 1996 kamen Motoren ohne VarioRam im Carrera zum Einsatz, die 272 PS Spitzenleistung boten. Mit dem optimierten Ansaugtrakt brachte der 993 es auf 286 PS, mit Werksleistungssteigerung X51 sogar auf 300 Pferdchen, auch dank größerem Hubraum von 3,8 Litern. Bei der X1 Werksleistungssteigerung wird die Leistung durch Kolben und Zylinder mit 102 Millimeter und geänderten Nockenwellen auf die erwähnten 300 PS angehoben. Dank der Hydrostößel ist der Wartungsaufwand nicht höher als beim 3,6-Liter.
Neben der Einführung variabler Ansaugtrichter reagierte Porsche auf einige Probleme, die 964 Fahrer plagten. Das Zweimassenschwungrad wurde überarbeitet, das Ventilspiel wurde fortan über mehr oder minder wartungsfreie Hydrostößel geregelt. So entfällt die beim 964 noch sehr kostspielige Ventilspielprüfung im Rahmen der Inspektionen. Die vormals sehr anfälligen Doppelzündverteiler, besonders dessen Zahnriemen, wurden auch überarbeitet und ab Werk mit einer Entlüftung versehen. Somit eilt dem 993 zurecht der Ruf voraus, motorseitig weniger Probleme und Kosten zu verursachen als sein Vorgänger.
Eine Schwachstelle haben jedoch auch die stimmgewaltigen 993 Motoren: Inkontinenz. Die Dichtringe der Kurbelwelle sind hin und wieder undicht. Gleiches gilt für die Ventildeckel. Der Grund ist jedoch nicht immer eine defekte Dichtung, sondern auch verzogene Deckel können die Ursache sein. Auch Undichtigkeiten der Ölleitungen sind keine Seltenheit. Im schlimmsten Falle können erhebliche Ölmengen austreten, was schnell zum Exitus des Motors führt. Gleiches gilt für Beschädigungen am Öltank bzw. dessen Druckschläuchen.
Doch nicht nur Ölverlust ist ein Dauerthema. Die späten Motoren der M64-Familie verbrennen auch gern etwas vom schwarzen Gold. Konzeptionell durch die liegenden Zylinder bedingt, gelangt immer wieder Öl an den Kolbenringen vorbei in den Brennraum. Die Folge: Bläuen beim Kaltstart – je verschlissener die Kolbenringe, desto schlimmer. Hitzebedingt verschleißen auch die Ventilführungen hin und wieder. Dadurch gelangt ebenfalls Öl in den Brennraum. Etwa ein Liter Öl auf 1.000 Kilometer ist bei normaler Nutzung üblich. Bei viel Kurzstreckenbetrieb sogar bis zu anderthalb Liter. Durch diese Ölverbrennung verkoken bei den US-Versionen gern die Sekundärluftbohrungen. RDW-Modelle (Rest der Welt) sind davon nicht betroffen.
Auch die Abgasanlage ist ab Werk nicht völlig frei von Tadel. Gerade an den Verbindungsstücken kann es zu massiver Korrosion kommen. Motor- und Getriebelager sind auch gern verschlissen. Die Folge der vermehrten Vibrationen können auch Undichtigkeiten an der Abgasanlage sein. Erkennen kann man defekte Lager anhand merklicher Vibrationen im Schaltknauf. Undichte Kupplungsgeber- und Nehmerzylinder sind auch keine Seltenheit. Die Getriebe (ein neues 6-Gang Schaltgetriebe und die bekannte 4-Gang Tiptronic) an sich gelten als recht unproblematisch. Die Allradtechnik ist nicht mehr ganz so teuer zu warten wie beim Vorgänger, doch viele Arbeiten lassen sich am 993 nur mit entsprechender Software richtig erledigen. Deshalb sollten diese Fahrzeuge nur in ausgewiesenen Fachwerkstätten gewartet werden.
Die Antriebswellen des Porsche 993 Carrera halten üblicherweise locker 100.000 Kilometer und mehr. Sofern sich bei Fahrzeugen mit wenig Laufleistung hier ein klackern heraushören lässt, gilt Vorsicht! Denn das ist meist ein Indiz für Rennstreckenbetrieb. Sofern die Bremssättel sichtbare Korrosion aufweisen, stell‘ dich auf einen kostspieligen Austausch ein, sie sind nämlich aus Aluminium gefertigt. Was die Klimaanlage anbelangt, gilt im Prinzip das Gleiche, wie beim Porsche 964: Wenn sie nicht kühlt, wird es meist teuer. Das heißt konkret: 2.000 Euro sind schnell weg.
Anders als G-Modell oder 964 war der Porsche 993 eigentlich nie wirklich günstig. Durch die hohen Einstandspreise sind wenige 993 an Halter gelangt, die nicht solvent genug für den Unterhalt waren. Die Folge: Es gibt recht wenige sogenannte „Leichen“ am Markt. Ihm kommt auch zu Gute, dass die im Vorgänger eingeführte Technik von den meisten Kinderkrankheiten befreit wurde. Den Ruf des besten luftgekühlten Elfers hat der 993 durchaus zurecht. Denn sein Motorkonzept war mit der vierten Generation des Porsche 911 ausgereizt. Eine erneute Weiterentwicklung hätte Porsche vermutlich in den Ruin getrieben. Ein moderneres Fahrzeug mit klassischem Elfer-Cockpit gibt es nicht und wird es auch nie wieder geben.
Und genau da liegt der Reiz des Porsche 993 Carrera. Er markiert eben das Ende der traditionellen, luftgekühlten Ära der Zuffenhausener Sportwagenschmiede. Das Preisniveau ist nach wie vor hoch. Zwar fallen die Preise nicht mehr, doch große Sprünge nach oben sind auch nicht mehr unbedingt zu erwarten. Wer sich für einen 993 entscheidet, bekommt den letzten „echten“ Heckmotorporsche, der kundige Hand erfordert. Ein saubere Historie vorausgesetzt, ist ein Porsche 993 Carrera robust, wertbeständig, noch immer sauschnell, manchmal sogar teuer, aber einen Titel wird ihm kein anderes Fahrzeug streitig machen können: Die Speerspitze des luftgekühlten Automobilbaus.
© Titelbild: Kevin von Campenhout for Eleven Cars
Elferspot Magazin