Der Porsche 928 – Mit 45 endlich im Olymp?

Der 1977 vorgestellte Porsche 928 war als Wachablösung des Porsche 911 vorgesehen. Über die insgesamt achtzehn(!) Produktionsjahre hinweg wurden fünf Modellvarianten hergestellt. Trotzdem fristete er, wie eigentlich alle Transaxle-Porsches, über Jahrzehnte ein völliges Nischendasein. Doch der Gran Tourismo scheint nun endlich die Aufmerksamkeit zu erhalten, die er von vornherein verdient gehabt hätte. Ist also die Zeit des Porsche 928 jetzt, sage und schreibe 45 Jahre nach der Markteinführung, endlich gekommen?

Ernst Fuhrmann hatte den Porsche 928 als neues Flaggschiff vorgesehen

Unter dem Vorstandsvorsitzenden Ernst Fuhrmann wollte Porsche sich für die 80er Jahre komplett neu aufstellen. Das ausgewogene Transaxle-Konzept mit Frontmotor und Heckgetriebe sollte das Zuffenhausener Zukunftskonzept sein. Denn Fuhrmann sah vor, den 911 auslaufen zu lassen und durch den 928 vollständig zu ersetzen. Doch dazu kam es letztlich nicht – trotz überwältigendem Presseecho zum neuen Porsche Sportwagen.

Im Rückblick scheint es fast so, als wäre der 928 ein Porsche für diejenigen gewesen, die gar nicht typische Porschekäufer waren. Denn er gefiel eigentlich allen, außer den Hardcore-Markenfans, den Elferfahrern. Mit 240 PS aus 4,5 Litern Hubraum (nur der 911 Turbo mit 260 PS war damals stärker) erreichte der Porsche 928 eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h. In 6,8 s erreichte er die 100 km/h aus dem Stand. 1978 wurde er als bis heute einziger Sportwagen zum Europäischen Auto des Jahres gewählt. Die unter Anderem von Harm Lagaay entworfene Karosse versetzte die gesamte Fachwelt ins Staunen.

War der 928 einfach ein verkanntes Genie? Ein missverstandenes Auto?

Er heimste unzählige Designpreise ein, wurde für seine Qualität gefeiert und war objektiv gesehen ein Auto, dass seiner Zeit Jahrzehnte voraus war. Und doch wurden in den achtzehn Produktionsjahren nur etwa 61.000 Exemplare ausgeliefert. Zum Vergleich: Das „nur“ sechzehn Jahre lang gebaute 911 G-Modell wurde mehr als dreimal so oft gebaut. Obwohl Porsche das Konzept 928 immer weiter verfeinerte, waren die Markenfans weiterhin viel mehr am Elfer interessiert. Daran halfen auch reihenweise Filmauftritte wie in Scarface oder Risky Business nichts.

Genauso wenig, wie die umfangreiche Technik. Als Technologieträger konzipiert, hatte der 2+2-Sitzer reichlich moderne Gimmicks an Bord. Klimaanlage mit Handschuhfach-Kühlung, elektrisch verstellbare Sitze, höhenverstellbares Lenkrad und Armaturenbrett, Weissach-Achse, später Hydro-Motorlager, Vierventiltechnik, Reifendruckkontrollsystem, und, und, und… War der 928 vielleicht einfach verkannt? Ein geniales Auto zur falschen Zeit am falschen Ort? Das ist nur die halbe Wahrheit.

Dass der Porsche 911 von einem Fahrzeug ohne Heckmotor ersetzt werden sollte, sorgte schon für eine Menge Irritationen. Fuhrmanns Idee, einen Gran Tourismo als Nachfolger eines echten Sportwagens zu präsentieren, scheiterte letztlich. Das Auto selbst ist genial, seine Qualitäten unbestritten. Doch die Zeit zeigte, dass Porsche sich mit der komfortorientierteren Auslegung des 911 über die Jahre den größeren Gefallen getan hat.

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Das futuristische Antlitz konnte nicht wirklich darüber hinwegtäuschen, dass der 928 im Kern kein wahrer Sportwagen war. Dafür war er zu schwer und zu weich. Insofern kann man den treuen Porsche-Fans dieser Zeit ihre Ressentiments kaum übel nehmen. Porsche stand vorher immer für rennsporterprobte Konzepte und den Fokus auf den Fahrer. Der 928 hingegen wurde als Firmenfahrzeug an die Rennfahrer Jacky Ickx oder Stefan Bellof für die Anreise zur Strecke vergeben. Auf der Strecke selbst glänzte er mit Abwesenheit.

Auch der Porsche 928 GTS konnte die Baureihe nicht retten

1992 wagte Porsche ein letztes Aufbäumen. Sicherlich auch etwas aus der Not geboren, weil das Geld knapp und komplette Neuentwicklungen gerade nicht ‚drin waren. Doch auch das konnte den 928 nicht wirklich revitalisieren. Dabei war der Porsche 928 GTS – Nachfolger von S, S4 und GT – quasi das, was die Baureihe vielleicht von vornherein hätte sein sollen. Ein wahnsinnig schneller GT mit sportlichen Qualitäten, herausragender Verarbeitung, umfangreicher Ausstattung und tatsächlich nutzbarem Gepäckabteil.

Mit seinem 350 PS starken 5,4 Liter V8-Motor erreichte der Porsche 928 GTS eine Höchstgeschwindigkeit von 275 km/h und kam von 0 – 100 km/h binnen 5,7 Sekunden. Damit lag er längsdynamisch sogar vor dem 964 Carrera. Die letzte Ausbaustufe des Transaxle V8 wurde trotzdem kein Kassenschlager mehr. Die Stückzahl des von 1992 bis 1995 gebauten Porsche 928 GTS lag bei gerade mal 2.831 Exemplaren.

Der Porsche 928 verharrte fast drei Jahrzehnte im Tal der Tränen

Die Positionierung des 928 als zügiges Reisefahrzeug und die Aussicht, dass er den Porsche 911 zu Grabe tragen wollte, machte ihn wohl zu einem Feindbild für einige Elferfahrer. So gesehen verwundert es kaum, dass der technische Musterschüler es auch in den letzten dreißig Jahren schwer hatte. Lange Zeit waren 928er genauso unbeliebt wie seine anderen Transaxle-Geschwister. Mitunter galten sie aufgrund des hohen Unterhaltungsaufwands als sehr schwer vermittelbar.

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Es hat nahezu drei Jahrzehnte gedauert, bis der Porsche 928, auch als GTS, wieder begehrenswert geworden ist. Zu sagen, die Preise waren bis vor wenigen Jahren im Keller, wäre eine obszöne Untertreibung. Einen Porsche 928 konnte man zu Beginn des Jahrtausends für vierstellige Beträge kaufen. Heute völlig unvorstellbar. Mittlerweile muss man schon sehr viel Glück haben, einen guten 928 S4 unter 30.000 Euro zu finden. Ganz zu schweigen vom Porsche 928 GTS, dessen Preisentwicklung nur eine Richtung kennt. Angefangen bei ca. 50.000 Euro sind die Grenzen nach oben offen.

Sind die Flops von früher die Stars von heute?

Es gibt eine Reihe von Autos, die ihrer Zeit voraus waren und zu „Lebzeiten“ nie die Liebe erfuhren, die sie eigentlich verdient hätten. Die Münchener Konkurrenz von BMW versuchte sich Ende der 80er mit dem 8er BMW (E31) in der gleichen Fahrzeugklasse und legte eine kommerzielle Bruchlandung mit dem großen Coupe hin. Heute werden diese Autos, nicht zuletzt wegen ihres herausragenden Stylings verehrt.

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Dem Porsche 928 geht es da nicht anders. Die Generation derer, die als Kind noch Klappscheinwerfer erlebte, kann sich diese Autos jetzt leisten und für das schätzen, was sie sind. Sie sind zeitlos schöne Klassiker mit immer noch vollkommener Alltagstauglichkeit. Gerade der Porsche 928 GTS war ein Statement, ein Abgesang der Firma Porsche auf ein Konzept, dass das Gesicht der Marke über 20 Jahre mitgeprägt hat.

So gesehen kann man durchaus die steile These aufstellen, dass es gerade die früher verschmähten Autos sind, die heute einen besonderen Reiz ausüben. Das ist bei Porsche kein bisschen anders. Mittlerweile sind gerade jene Autos gefragt, die ein klein bisschen anders waren, als ihre Konkurrenz. Und genau deshalb erlebt der 928 heute seine Renaissance. Nicht nur im Land der V8, den USA, erfreut er sich immer größerer Beliebtheit. Es gibt mittlerweile sogar erste 928 Restomods. Der große Transaxle hat es zu seinem 45. Geburtstags wohl endlich dorthin geschafft hat, wo Fuhrmann ihn immer sah: In den Porsche-Olymp.

© Titelbild: RM Sotheby’s